Am 03.03.2020 durfte ich nochmal für die endgültigen Voruntersuchungen vorstellig werden. Die Parameter für das spätere Sehen wurden festgelegt, nochmal alles gescheckt, nur nochmal gründlicher, so dass man zum Schluss Dinge sieht, die man nicht so recht glauben kann:
Die Topografie der Hornhaut dargestellt zu bekommen, kann ich noch nachvollziehen. Aber wie bitte misst man die Rückseite der Hornhaut und generiert aus von vorne gemessenen Daten eine Querschnittansicht meines Auges inklusive der Iris? Ich glaube, im Mittelalter wäre man dafür verbrannt worden, das kann nur Teufelswerk sein 😉
Nun denn, die Schlussbesprechung mit Frau Dr. Grigat war wie alles andere vorher auch sehr harmonisch, mir wurden letzte Fragen beantwortet und nochmal kurz der Eingriff bzw, dessen Ablauf an sich erläutert.
Zwei Tage später – am 05.3.2020 – wurde ich nach einer kurzen Voruntersuchung in das Behandlungszimmer geleitet. Was folgte, war eine gut orchestrierte Abfolge von so offensichtlichen Standardabläufen, dass man alleine dadurch schon die Anspannung und Nervosität ablegt:
– Hände waschen und desinfizieren,
– Häubchen aufsetzen ,
– Taschen entleeren, damit nichts nervt, wenn man still auf der Liege liegen soll
– reingehen, hinlegen, Klappe halten
Nein, natürlich nicht! Die Damen sind wirklich alle sehr zuvorkommend und freundlich. Da man soeben zum letzte Mal die Alltagsbrille abgesetzt hat und man mehr oder weniger blind durch den Raum geht, wird man zur Liege geführt. Man bekommt noch für jede Hand einen kleinen Ball, den man drücken kann, wenn man nicht weiß, wohin man mit der Anspannung soll.
Dann kommt auch schon Dr. Taneri herein, den ich zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal sehe. Er führt die OP durch und erklärt die einzelnen Schritte in einer sehr ruhigen, sachlichen Art und Weise, das spätestens jetzt jegliche Restanspannung abfällt.
Das linke Auge wird abgedeckt, das rechte Auge mit verschiedenen Hilfsmitteln abgeklebt, betäubt und dann mit einer Lidklemme offen gehalten. Das erzeugt einen leichten Druck, aber das war es auch schon. Es ist natürlich unangenehm, dass man nicht reflexartig das Lid schließen kann, aber mit geschlossenen Augen ist halt schlecht lasern …
Das Interface dockt am Auge an, saugt sich fest und man kommt sich ein wenig vor wie ein assimilierter Borg. Statt „Suction on“ könnte die Maschine meines Erachtens viel besser „We are Borg – resistance is futile“ sagen – auch wenn das nur die echten Trekker verstehen würden.
Ich hatte im Vorfeld gefragt, wie denn unterbunden würde, dass man aus Reflex woanders hinschaut. Die Erklärung ist dieses Interface, welches den Augapfel mit einem leichtem Vakuum fixiert.
Und dann kommt er, The Fog – der Nebel des Grauens.
Nein, Scherz beiseite, ganz so dramatisch ist das nicht, aber ein wenig Theatralik muss ja mal sein 😉
Während Dr. Taneri noch Schritte erläutert, nimmt der Laser seine Arbeit auf, arbeitet sich von außen nach innen spiralfömig vor und erzeugt eine Vielzahl von Luftbläschen in einem unteren Level der Hornhaut. Zu sehen ist, wie das grüne Licht, auf das man sich die ganze Zeit konzentriert hat, von außen nach innen immer mehr in einem Nebel verschwindet. Dann geht das Ganze wieder rückwärts und der Nebel verdichtet sich weiter. Das geht so schnell, dass man kaum Zeit hat, darüber nachzudenken. Dann kommt der unangenehmste Teil, wenn das durch den Laser erzeugte Lentikel durch den Mini-Schnitt per Pinzette rausgezogen wird. Aber unangehm ist auch hier absolut relativ zu bewerten:
Eine Zahnsteinbehandlung bei Zahnarzt ist definitiv schlimmer!
Das Auge wird nochmal gespült, antibiotisch behandelt und das war es auch schon. Alle Fixierungen werden entfernt und weiter geht’s mit dem linken Auge. Zum Schluss sitzt man da und bekommt einen ersten Eindruck, was man zukünftig erwarten darf und es gibt noch ein nettes Bild zusammen mit Dr. Taneri. Nach diesem Bild durfte mich mein Vater schon nach Hause fahren. Mit einem freundlichen „Na dann bis morgen“ wurde ich entlassen.
Die optischen Eindrücke waren seltsam. Nach dem der Laser zunächst für das beschriebene Nebelfeld gesorgt hatte, war die Sicht nach der Entfernung der Lentikel mit einem deutlichen milchigen Schleier überlagert. Alles wirkte sehr hell – zu hell, so dass ich auf der Rückfahrt ausnahmsweise nicht über das hässliche Wetter mit grauen Wolken und Regen verärgert war. Ich konnte in der Entfernung schon alles sehen, aber alles noch wie durch eine dicke Klarsichtfolie – leicht verschwommen, aber vor allem recht kontrastarm.
Es liegt in der Natur der Dinge – das Lentikel hinterlässt einen Hohlraum in der Hornhaut, der sich mit „Wundwasser“ füllt. Das wird nach und nach resorbiert und die äußere Schicht der Hornhaut legt sich auf die innere, was eine Zeit lang zu gewissen Beeinträchtigungen führt.
Meine Augen waren noch von der OP betäubt, so dass ich weiterhin keine Schmerzen hatte. Als die dann langsam nachließ, stellte sich ein leichter, aber gut erträglicher Schmerz ein – in etwa so, als sei man mit Kontaktlinsen eingeschlafen und nach ein paar Stunden wieder aufgewacht. Das Brennen in den Augen ist damit vergleichbar, als wenn die Linsen nach dem Aufwachen noch auf der Hornhaut kleben und das Auge zu wenig Sauerstoff bekommen hat.
Als folgsamer Patient – und weil man tatsächlich sowieso nicht vernünftig sehen kann – habe ich mich den restlichen Tag auf mein Sofa verkrümelt, nach Vorschrift die Augen getropft, ansonsten Musik gehört und ging irgendwann ins Bett. Aber schon in diesen paar Stunden war ein Abklingen des Schleiers zu merken.